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© Kath. Männergemeinschaft Cappel

Cappeler in Schlesien

Gruppenfoto Ausflug 2013„Das Nachtreffen am vergangenen Wochenende war genauso spannend, wie die Zeit der Vorbereitung und die Fahrt an sich.“ Diese Bilanz einer Studienfahrt der Katholischen Männergemeinschaft Cappel (KMC) nach Schlesien zog jetzt deren Vorsitzender, Michael Heilemann. Diesmal war es keine touristische Reise, die den Jahresausflug ausmachte, sondern es ging um Inhalte, denen sich die knapp 40 Teilnehmer der Fahrt, darunter in diesem Jahr auch die Frauen, widmen wollten.

Ziel der Männergemeinschaft war das niederschlesische Schloß Lomnitz im Hirschberger Tal, vor dem Nordhang des Riesengebirges, bis 1945 ein beliebtes Reise- und Ferienziel der Deutschen. Fast 70 Jahre später, nach der Vertreibung von über vier Millionen deutschen Schlesiern und 45 Jahren kommunistischer Herrschaft fährt man nach Polen, um das Tal der schlesischen Schlösser und Gärten, die Schneekoppe, das Haus Gerhart Hauptmanns in Agnetendorf oder die Friedenskirche in Jauer zu besuchen. Und jetzt, ein knappes Vierteljahrhundert nach der Wende, trifft man wieder auf zahlreiche deutsche Spuren in Schlesien, während andere vergehen, eine durchaus widersprüchliche Erfahrung, die die an Schlesien interessierten Cappeler machen mußten.

Schloß Lomnitz, etwa 70 km hinter Görlitz gelegen, ist unter vielen Schwierigkeiten von den Enkeln der ehemaligen deutschen Besitzer – der Familie von Küster – zurückerworben worden und zu einem echten Kleinod im Hirschberger Tal geworden. Elisabeth von Küster begrüßte die Cappeler betont herzlich und berichtete in einem längeren Gespräch von den Schwierigkeiten, aber auch dem Glücksgefühl, im Land der Vorfahren (in diesem Fall ihres Mannes) neu zu beginnen und etwas aufzubauen. Nach und nach wurden von der Familie von Küster das sogenannte Witwenschlößchen, das grosse Schloss und der dazugehörige Gutshof erworben, renoviert und restauriert und einer staunenden polnischen und deutschen Öffentlichkeit als Hotel, Tagungsstätte, Restaurant oder Gutsladen übergeben. Zugleich ist Lomnitz zum Treff- und Mittelpunkt der Deutschen geworden, die nach Schlesien fahren, aber auch derer, die 1945 dort geblieben sind. Für die Cappeler war es selbstverständlich, auch den Kontakt zu den deutschen Schlesiern aufzunehmen und in einem ausführlichen Gespräch in der Bibliothek des großen Schlosses berichteten Vertreter des „Christlichen Deutschen Riesengebirgsvereins“ über die Schwierigkeiten der deutschen Vereine in Polen. Am Fuße des Riesengebirges sind es vorwiegend ältere Damen, die den Verein führen und mit Leben erfüllen. Ihre Kinder und Enkel hat es in den letzten Jahren in die Bundesrepublik gezogen. So kehren die einen nach Schlesien zurück, die anderen suchen ihr Glück im Westen.

Die Friedenskirche in JauerDie Cappeler Männergemeinschaft wollte den Kulturraum Schlesien entdecken. Und wer sich in das Hirschberger Tal begibt, findet dort reichlich Spuren einer 800 Jahre alten deutschen Kulturlandschaft, die auch von den jetzigen polnischen Bewohnern gepflegt wird. So etwa das Haus Wiesenstein, der Wohnsitz des Literatur-Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann. Vom Kinderheim in der kommunistischen Zeit, die alles Deutsche in Schlesien verleugnete, ist Haus Wiesenstein in den letzten Jahren zu einer großartigen Museums-, Ausstellungs- und Bildungseinrichtung geworden. Eine beeindruckende deutschsprachige Führung erwartete die Cappeler dort. Zu den Beschlüssen des Westfälischen Friedens zu Münster und Osnabrück im Jahr 1648 gehörte die Erlaubnis für die schlesischen Protestanten, drei Friedenskirchen zu bauen: in Glogau, Jauer und Schweidnitz. Der Besuch der Friedenskirche – aus Fachwerk und Lehm gebaut und 15.000 Plätze fassend – war ein besonderes Erlebnis für die Katholische Männergemeinschaft. Und so gab es noch viele weitere Höhepunkte dieser Fahrt – etwa der Besuch in Breslau – die deutlich gemacht hat, dass auch der Osten ein lohnendes Reiseziel sein kann.

Die Begeisterung der Reiseteilnehmer über das Gesehene und Erlebte jedenfalls war groß. Und von Vorbehalten gegenüber dem Nachbarland Polen, die bei der Vorbereitungsveranstaltung im Frühjahr noch spürbar gewesen waren, war am vergangenen Wochenende, als Erinnerungen aufgefrischt und Bilder ausgetauscht wurden, nichts mehr zu spüren. „Es war spannend“ sagt Michael Heilemann, „es gab viel Neues und Überraschendes, es war eine Entdeckungsreise in einen unbekannten Kulturraum, aber insgesamt wurden unsere Erwartungen an Schlesien weit übertroffen.“ Für die Katholische Männergemeinschaft Cappel ist jedenfalls Schlesien kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte.